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Im Projekt Nullpunkte der Gewalt setzt sich der Container 25 mit einzelnen Kapiteln der Lavanttaler Lokalgeschichte im Bezug auf aktuelle, gesellschaftliche Fragen auseinander. Neben einem Stadtrundgang durch Wolfsberg, zu dem ein Buch veröffentlicht wurde (erhätlich in Wolfsberger Buchhandlungen),  gab es im Frühjahr und Sommer 2022 ein vielseitiges Programm. Zudem wird an einem Erinnerungszeichen in der Wolfsberger Innenstadt gearbeitet.

Wenn man den Historischen Atlas Österreich nach „Wolfsberg“ durchsucht, scheint der Name der Stadt im Zusammenhang mit zwei Jahreszahlen auf: 1493 und 1934. Die erste Jahreszahl steht für den ersten dokumentierten Hexenprozess in Österreich mit vermutlich tödlichem Ausgang, die zweite für den Juliputsch illegaler Nationalsozialisten, der nirgends so lange anhielt wie im Lavanttal. Beide kann man als Nullpunkte verstehen; als Referenz für eine kritische Vermessung von Gewalt und systematischer Verfolgung verschiedener Personengruppen in der Region.

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Das Lavanttal, so die These des Projekts, nimmt in der Geschichte Österreichs vor allem eine zwielichtige Rolle ein. Die zwei genannten Jahreszahlen 1493 und 1934 sind dabei nur Schlaglichter auf besonders gewaltvolle Momente der lavanttaler Geschichte. 

 

Bereits 1338 kommt es zu einem Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung, über 70 Menschen sterben, etliche werden vertrieben. 1496 erlässt Kaiser Maximilian I. das sogenannte “Judenedikt”, welches der jüdischen Bevölkerung den Aufenthalt in Kärnten generell verbietet. 1493 wird österreichweit in Wolfsberg der erste Prozess abgehalten, in dem der “Teufelsbund” und “Hexerei” ausschlaggebend für ein Todesurteil sind. Die großen Wellen der Hexenverfolgung setzen in Kärnten und insbesondere im Lavanttal erst 100 Jahre nach dem Exempel von 1493 ein. Ab Mitte des 17. Jahrhunder kommt es in ganz Kärnten zu Hinrichtungswellen und Kettenprozessen.

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1600 werden 14 evangelische Familien aus Wolfsberg verbannt, es kommt zu Bücherverbrennungen, die evangelische Kirche im Schloss Bayerhofen, das Predigerhaus sowie der evangelische Friedhof werden zerstört.  Der “Kärntner Abwehrkampf” 1919 wird als besonders blutig mystifiziert,  gibt einer anti-slawischen Grundhaltung Ausdruck und führt zur Konstruktion “heimattreuer Kärntner”. 1934 ist der Bezirk Wolfsberg der einzige politische Bezirk Österreichs in dem es den Nationalsozialisten gelang, politisch die Macht zu übernehmen und militärisch das Territorium vollständig zu besetzen, dementsprechend ist der “Anschluss” 1938 in Wolfsberg ohne eklatanten Widerspruch abgelaufen. 1938 werden die Wolfsberger lebenden jüdischen Familien vertrieben und 1942 teilweise im KZ Auschwitz ermordet. In den Jahren 1940/41 wurden außerdem 66 Wolfsberger:innen im Zuge der NS-„Euthanasie“ ermordet: 60 Personen in der Tötungsanstalt Hartheim und 6 im Gaukrankenhaus Klagenfurt.

 

Diese in Kürze und in Zahlen ausgedrückte Verbrechen zeigen, dass die Geschichte des Lavanttals auf Gewalt, Verfolgung und Ausgrenzung beruht. Daraus formuliert sich die Verantwortung die Zusammenhänge hinter den Ziffern zu beleuchten und sich kritisch mit ihnen auseinanderzusetzen.
 
Neben der Aufarbeitung von dem, was einmal war, soll die Erinnerung für die Zukunft dienlich sein; dem, was sein kann. So stellt das Projekt Nullpunkte der Gewalt einen Schritt im gemeinsamen Umgang mit der Geschichte als notwendige Verortung im Heute dar. Von hier aus wollen wir weiter, und den Weg in ein besseres Morgen finden.

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Zeitstrahl

Aufenthaltsverbot für jüdische Menschen in Kärnten

Nullpunkte
der Gewalt

Aufzeichnungen der Hexenprozesse im Lavanttal

Die hier angeführten Jahreszahlen und Ereignisse geben einen schlaglichtartigen Einblick in eine Geschichte der Gewalt mit besonderen Bezug auf Kärnten und die Themen der Ausgrenzung und Verfolgung. Zeitlich ordnen sich die ausgewählten Ereignisse um die auffallenden Jahreszahlen 1493 & 1934 an. Während diese Leiste nie vollständig sein kann, dient sie als Einordnung und Ausgangspunkt, von dem aus die Zusammenhänge hinter den Ziffern beleuchtet und sich kritisch mit ihnen auseinandergesetzt werden kann.

Nachfolgend ein Umriss der Prozesse, in denen Menschen als “Hexen” verfolgt wurden, die im Zusammenhang mit Wolfsberg stehen oder bei denen Personen aus Wolfsberg Opfer waren. Die Daten stammen aus Johann Schleichs Buch  Hexen, Zauberer und Teufelskult in Österreich (1999) und Martin Wuttes Artikel Hexenprozesse in Kärnten (1927).

Vertreibung der jüdischen Bevökerung

Erster Hexenprozess im Lavanttal

Hinrichtung von „Wiedertäufern“

Gewalt der Gegenreformation

Zenit der „Hexenprozesse“

Letzter „Hexenprozess“ im Lavanttal

Ruthenenlager Wolfsberg

“Kärntner Abwehrkampf” 

Juliputsch

“Anschluss”

Kriegsgefangenenlager „Stalag XVIII A“

Antifaschistischer Widerstand

Das Camp 373 –
NS-Interniertenlager der britischen Zone

Im Fokus: Hexenprozesse

Nullpunkte der Gewalt

Opfer der Hexenverfolgung:

Europa insgesamt: 

Zwischen 1500 und 1700 ca. 60.000 Personen (mehrheitlich Frauen) [Schätzung große Dunkelziffer] (Schmidt 2021, S. 15)

In Kärnten sind 140 „Prozesse“/Verfahren belegt, die mit Hexerei in Verbindung standen. Davon wurden ca. 250 angeklagt und 110 hingerichtet.

Laut Byloff (1934) gab es in den österreichischen Alpenländern (Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Steiermark, Kärnten) ca. 1700 Zaubereiprozesse

im Lavanttal gab es vom 15. – 18. Jh. insgesamt 11 Verfahren

(Stand der Forschung 1987)

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